no. 20 – mit der lizenz zum guiden

Als Dylan den kleinen roten Pfad entlang schlenderte und immer näherkam, wurde ich doch etwas aufgeregt. Heute war Assessment Tag – der letzte Schritt zum Nature Guide!

Eigentlich ging es dabei für mich allerdings um nichts. Ich hatte bereits großartige Erfahrungen gemacht, viel Neues erlebt, mich selbst entwickelt und einige neue großartige Kontakte geknüpft. Ich hatte bereits tolle Motive fotografiert, einige Interviews aufgenommen und mein Englisch war wesentlich besser geworden. Das heutige, praktische Assessment war wirklich nur die Sahne auf dem sehr leckeren, sehr großen Kuchen. Das „I-Tüpfelchen“ – und dennoch lag mein Puls bei 110 – in Ruhe. Mein Anspruch ließ sich einfach nicht ausschalten, ich wollte das hier (gut) bestehen.

Ich hatte mich daher auch sehr gut vorbereitet! Unzählige Male war ich die geplante Strecke abgelaufen und kannte nun jeden Baum, konnte zu jedem möglichen Säugetier etwas erzählen und kannte die meisten Insekten, die diese Gegend bevölkerten. Es war also mehr eine “Theateraufführung” als eine richtige Guidingtour. Nur mit den Vögeln war ich mir immer noch nicht ganz so grün geworden und der Umstand, dass nun auch noch die Zugvögel aus der nördlichen Hemisphäre, also Europa zurück nach Afrika zogen, ließ den Druck nicht geringer werden. Immerhin, eine “neue” Spezies kannte ich bereits. Die Krähe.

Doch Mutter Natur zeigte sich wirklich gnädig! Schon auf dem Weg zum Treffpunkt vernahm ich allerlei mir bekannter Vogelstimmen und im Laufe meiner Tour hätte ich noch viel mehr über Vögel reden können – doch ich wollte ja auch mein einstudiertes “Programm” durchziehen.

Neben den mir bekannten Vögeln platzierten sich, fast wie geplant, fünf neugierige Zebras mitten auf meinem Weg und so hatte ich sogar große haarige Zeitgenossen, über die ich etwas erzählen konnte. Nur die mir lieb gewordenen Giraffen, auf die ich sonst immer bei meinen Spaziergängen gestoßen war, ließen sich im Laufe meines Walks nicht blicken. Unsere Beziehung sollte wohl privat bleiben.

Insgesamt konnte ich viel und ausgiebig erzählen, doch bei diesem Assessment ging es gar nicht so sehr darum, nochmal das fundierte Wissen darzustellen. Dies hatte ich bereits im theoretischen Examen gemacht. Hier ging es nun primär darum zu beweisen, dass man eine gute Guiding Experience erschaffen kann. Darum hatte mir daher allerlei interaktive Punkte ausgedacht, wie beispielsweise mit einem Magnet an einer Schnur den roten Sand nach Eisenpartikeln zu durchsuchen oder durch die Mischung vom gelben Currykraut und den zitronigen Blättern des Small Knob Woods, eine Art duftende Marinade in der Hand herzustellen.

“Danke Kirk, du kannst jetzt aufhören!”

Nach 40 Minuten brach Dylan unvermittelt das Assessment dann ab.

Ihm reichte meine Leistung und er wollte nun zügig zum nächsten Punkt übergehen: Der Bewirtschaftung – ein wichtiger Teil jeder guten Tour!

Ich freute mich natürlich, da dies bedeutet, dass ich bestanden hatte, aber gleichzeitig war ich irgendwie auch ein bisschen betrübt. Hatte ich dann doch noch so viele Punkte vor mir, über die ich etwas erzählen wollte.

Beispielsweise den “starken Platz”. Einen Ort, den ich ausgemacht hatte, der von lauter starken Bäumen bewachsen war. Da war beispielsweise der Green Thorn Torchwood. Dieser war so stabil, dass ihn selbst die Elefanten nicht umschubsen konnten. Er hatte unzählige feste grüne Stachel und das Öl der Samen die er produzierte, war in der Vergangenheit zum Aufhellen der Dunkelheit benutzt – also als Öl für Taschenlampen. Daneben stand der White Iron Wood. Dessen Stärke war vor allem das feste, stabile Holz, wie der Name schon vermuten lässt. Dies war so fest und stabil, dass das Holz im Wasser nicht schwimmt, sondern einfach untergeht.

Beide Bäume wurden häufig von den Zulus in den Garten gepflanzt, um Stärke zum Haus zu bringen und das Haus und die Familie zu schützen. Die Blätter des White Iron Wood wurden verbrannt und der Qualm dafür genutzt, böse Geister auszutreiben. Nun denn, wenigstens hast Du jetzt von dem “starken Platz” gehört.

Nach mir war nun die Engländerin Becky mit ihrem Assessment dran, aber davor sollte es eben eine kleine Pause mit Getränken und Snacks geben. Für die Bewirtschaftung hatten sich Becky und ich etwas Besonderes ausgedacht:

Da wir wussten, dass Dylan ebenfalls einen guten Kaffee zu schätzen wusste, hatten wir eine stabile French Press aus Metall organisiert, um frisch gebrühten Kaffee zaubern. Daneben gab es eine riesige Tüte Biltong (getrocknetes Fleisch), frisches Obst wie Beeren und Melone, englischen Tee, da Becky aus England kam und, neben den typischen Rust (Gebäck), die nicht fehlen durften und gab es sogar Kuchen! Diesen hatten wir von einem Studenten gespendet bekommen, der am Vortag Geburtstag gefeiert hatte. Zusammen mit der bunten Tischdecke sah die Anrichtung gar nicht so schlecht aus und alle Teilnehmer waren begeistert – Auch Dylan.

Neben Dylan hatte ich noch Tom und Reni sowie Cameron und Mak eingeladen. Becky selber hatte noch ihren Freund Ross und Kyle aus der Umoya Gruppe eingeladen. Dadurch war die Gruppe nun auf neun Personen angewachsen, was für ein Assessment dieser Art eine ganz ordentliche Nummer war.

Freudestrahlend konnte ich mich nun locker um die Bewirtschaftung der Gäste kümmern, während Becky immer angespannter wurde: Sie hatte schließlich noch ihr Assessment vor sich. Doch bei ihr machte ich mir überhaupt keine Sorgen. Sie war unheimlich wissend und konnte dies auf eine elegante und erfrischend englische Art rüberbringen. Auch Dylan teilte diese Meinung und nach weiteren dreißig Minuten wurde auch ihre Prüfung vorzeitig abgebrochen.

Dies war ein besonders starker Tag gewesen! Es war der krönende Abschluss einer intensiven und ereignisreichen Zeit und wir hatten endlich den letzten, finalen Schritt in diesem Kapitel gemacht: Nun waren wir keine Studenten mehr, sondern selbst NQF2 Nature Guides – mit der Lizenz zum Guiden.

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