no 4. – „affenbanden im wonderland“ | thailands zweitgrößter baum

Ich stehe vor einer steilen Steintreppe und schau einem Rudel kleiner Makaken Affen zu, die den Treppenstufen herumtollen und kein Durchkommen suggerieren. Es ist fast 13:00 Uhr, der Himmel ist blau und die Sonne erhitzt die Umgebung erbarmungslos und fast unerträgliche auf feuchte 35 Grad. Heute morgen war ich noch auf Ko Yao Noi, wo ich die letzten drei Tage damit verbracht hatte, die Insel zu erkunden und einfach eine schöne Zeit zu haben. Nach und nach hatte ich so einige „geheime“ Spots und tolle Locations entdeckt und mich gut eingerichtet. Über eine neu bezogene Unterkunft, „The Simple“, hatte ich Zugang zu einem Privatstrand des sehr schönen Resorts „TOUCH“ erhalten. Dieser Strand war nicht ganz so weit entfernt, die Anfahrt nicht ganz so abenteuerlich, aber trotzdem nicht unkompliziert. Das Resort hatte vorzüglichen Kaffee und leckere Shakes zu allerdings nicht ganz günstigen Preisen. Doch dies gönnte ich mir wohlwollend nach dem Erfolg der letzten Tage. Schließlich war es auch die letzte Gelegenheit, paradiesische Strandtage zu erleben, da nach Ko Yao Noi nur noch das Festland auf meiner Agenda stand.

Der Strand war weitestgehend leer und sehr gemütlich. Auch hier wuchsen die Bäume und Büsche direkt bis an die Wasserkannte und im hinteren Bereich eröffnete sich ein Areal einer großen, zerfallenen Resortanlage. Es war ein richtiger „Lost Place“. Das Grundstück war mittlerweile überwuchert und glich eher einem wilden Garten mit Ruinen als einer noblen Hotelanlage. Ganz am Ende hatte jemand mal ein Baumhaus erbaut, welches allerdings mittlerweile nur noch durch ein Wunder, also Glaubenskraft, an dem Baum gehalten wurde. An diesem Strand hatte ich auch Steve kennengelernt, ein alter, braungebrannter Hippie aus den USA, mit langen, grauen Haaren. Der Erstkontakt verlief nicht ganz so harmonisch, als er mich mit der Frage aus einem Dämmerschlaf holte, ob es ok wäre, wenn er direkt neben mir seine Hängematte aufbauen würde. Ich schaute mich um. Auch jetzt war der Strand vollkommen leer. „Are you serios? Do you wana kidding me?“ war meine spontane, verärgerte Antwort gewesen, doch Steve deutete beschwichtigend auf zwei Harken, die an den Bäumen direkt neben mir befestigt waren. Er erläuterte mir, dass er genau dort die Harken angebracht hätte, um seine Hängematte aufzuspannen und dieser Strand die letzten drei Jahre, durch Covid, so gut wie keine Menschenseele, außer ihm, gesehen hätte. Es war also vielmehr ich, der IHN störte. Grummelnd packte ich meine Sachen zusammen und breitete meine Decke einige Meter weiter erneut im Schatten eines Baumes aus. Nachdem Steve seine Hängematte aufgehängt hatte, stapfte er ins flache Wasser, um sich abzukühlen. Da mein Gemüt langsam ebenfalls wieder abgekühlt war, sprang ich auch ins Wasser, schwamm zu Steve und stellte mich erst einmal ordentlich vor. Steve erzählte mir, dass er seit ca. sechs Jahren auf dieser Insel leben würde. Bis vor kurzem, sogar in einer Unterkunft direkt an diesem Strand, bis hier auf einmal jede Menge Bauarbeiten begonnen hätten. Wir unterhielt uns noch einige Zeit und er gab mir ein paar gute Insidertipps für Restaurants, Sunsetpoints und Cafés, wodurch die letzten Tage auf der Insel für mich immer nur noch prächtiger und prächtiger wurden. So entdeckte ich beispielsweise, dank Steve, eine kleine Bar in einem Wohngebiet, direkt an einem Thai Box Dojo, das KYN Phoenix Muay Thai Gym, wo es hervorragenden Gin Tonic, super freundliche Menschen und die besten Sonnenuntergänge der Insel gab.

Nun war ich in Krabi. Aaron, der Betreiber meiner neuen, sehr stylischen Unterkunft „Into the town“ war sehr hilfsbereit. Er gab mir nicht nur einen Tipp, wie ich am besten zu dem Tiger Cave Tempel kommen konnte, sondern brachte mich sogar zu den „public service-Taxis“, die nur einen Bruchteil der normalen Taxis kosteten und überwiegend von den Locals verwendet wurden. Nach ca. zwanzig Minuten Fahrt und fünfzig Baht weniger hüpfte ich und eine ältere Thailady von der Ladefläche des Taxis und stand vor einem pompösen rot-goldenen Torbogen. 

Der Wat Tham Suea Tempel, auch „Tiger Cave Tempel“ genannt, war riesig und sehr beeindruckend. Sehr viel Gold, viele große Figuren und jede Menge eindrucksvolle, bunte Tempelgebäude. Es gab einige Souvenirgeschäfte und sogar mehrere kleine Kioske mit Eis und Getränken. Die 1260-stufige Treppe zu dem angepriesenen Aussichtspunkt war mehrfach und gut sichtbar ausgeschildert. Nur „bitte den Aufstieg erst wagen, wenn man fit ist und nicht nach 1700 Uhr, da man dort oben auch nicht schlafen dürfe“, verriet ein Schild auf Thai und auf Englisch. Es herrschte ein reges Treiben und auch einige westliche Touristen hatten ihren Weg hierin gefunden. Ich hatte aber kein Interesse an der „einzigartigen Aussicht“ und dem Aufstieg. Ich hatte eine Mission, ein Ziel, ich suchte den nächsten Big Tree, den zweitgrößten und breitesten Baum Thailands. Was die Namen der heiligen Bäume anging, waren die Thais scheinbar nicht sehr kreativ gewesen.

Ich war etwas verloren, denn es war kein einziger Hinweis auf „The Big Tree„, welcher im „Wonderland„, ebenfalls auf dem Grundstück des Tiger Cave Tempels, stehen sollte, auszumachen – zumindest nicht für mich auf englischer Sprache.

Nachdem ich einige Zeit auf dem riesigen, heißen Tempelgelände umhergeirrt war, entschied ich mich, jemanden nach dem Weg zu fragen. Ich war mittlerweile im hinteren Bereich des Tempelgeländes angekommen, wo es kaum noch Menschen gab. Einzig in einem kleinen Lokal, in welchem Räucherstäbchen verkauft wurden, stand jemand, der offensichtlich zu der Anlage gehörte. Mönche waren allerdings weit und breit keine zu sehen. Ich frage nach dem Wonderland, woraufhin der Mann auf eine, nicht allzu weit entfernte, steile Steintreppe voller Affen deutete und schelmisch grinste.

Wonderland

Nun stand ich also vor der Treppe und gut 15 Makaken Affen. Einige Affen hatten mittlerweile das herumtoben eingestellt und mich dafür in den Blick genommen. Jede Bewegung wurde ganz genau beobachtet. „Na gut, was muss, dass muss“ sagte ich seufzend zu mir und verstaute alle losen Sachen, wie Sonnenbrille und Kopfhörer, in meiner Bauchtasche. Nachdem ich alle Reisverschlüsse akribisch überprüft hatte schritt ich dynamisch und bestimmt auf die Treppe und die Affenbande zu. Ich musste zum „The Big Tree“ und die haarige Armee des Wonderlands würde mich nicht aufhalten können! Vor mir erstreckte sich ein riesiges, dicht bewaldetes Tal, welches von steilen und zerklüfteten, sehr hohen rot-braun-schwarzen Felswänden umhüllt wurde. Ich atmete schwer. Unmengen von Schweiß rann mir über das Gesicht und ließ meine Augen brennen. Die Treppe hatte zwar keine 1260 Stufen, aber die knapp 200 Stufen in Verbindung mit brütend warmer, stickiger Luft ließ den Schweiß auch hier nur so sprudeln. Die Affenbande war von meinem dynamischen Anmarsch offensichtlich beeindruck gewesen und hatten mich in Ruhe gelassen. Ein paar verneinzelte Affen hatten direkt das Weite gesucht und die hinterbliebenen hatten mich zumindest in Ruhe gelassen. Ich wischte mir den Schweiß aus den Augen und begann, die Treppe hinab in das grüne Tal zu nehmen, welches sich vor mir eröffnete.

Es war tatsächlich, als ob man in eine andere Welt, in ein anderes, verwunschenes Land treten würde. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Geräuschkulisse veränderten sich bei jedem Schritt und als ich unten ankam, war ich umgeben von einem dunkelgrünen, duftenden, Regenwald. Die Luftfeuchtigkeit war sehr hoch, dafür war es angenehm kühl. Vögel sagen lieblich und bildeten wieder einen Chor mit den Zikaden. Ergänzt wurde die Atmosphäre durch gelegentliche Affenrufe, die sich im Echo schallend verloren. Überall standen sehr beeindruckende, teils bereits sehr große Bäume und Sträucher in allerlei Formen und Farben. Ich folgte einem kleinen angelegten Pfad zu einer riesigen, höhlenartigen Felsformation und einer mächtigen, goldenen Buddhastatue. Der Legende nach soll einst ein Mönch in diesem Wald, in einer Höhle Unterschlupf vor einem Gewitter gesucht haben, als er auf mehrere Tiger traf, die dort in der Höhle lebten. Wie durch ein Wunder – und dank seines festen Glaubens, ließen ihn die Tiere in Ruhe und gemeinsam verharrten sie die Nacht in der Höhle, während das Unwetter draußen tobte. Tiger gab es nun nicht mehr in diesem Gebiet, aber die Höhle noch. Und diese konnte besichtigt werden.

Auch hier gab es allerdings keinerlei Hinweise auf „The Big Tree“. Es waren zwar überall kleine Schilder aufgestellt und ab und zu gab es auch ein paar rote Pfeile, aber diese endeten dann wieder bei einem anderen Baum und einem Schild, welches in Thai beschriftet war. Ich war allein, sodass ich keinen fragen konnte und Mobiles Netz gab es hier unten auch keins, sodass ich auch nicht meine Übersetzungsapp bemühen konnte. Ich folgte einem weiteren, kleinen Pfad durch den Dschungel, vorbei an immer abgefahreneren Büschen und Bäumen, bis ich Plötzlich vor einem riesigen „Raintree“ stand, welcher mit bunten Bändern geschmückt war. War dies „The Big Tree“? Hier gab es nicht mal ein Schild auf Thai! Ich verharrte einen Moment und horchte in den Wald hinein. Nein, dies war nicht The Big Tree. Das hatte ich so im Gefühl, also ging immer tiefer in den Wald hinein. Der kleine Pfad schlängelte sich durch dichtes Gehölz und machte unvermittelt einen kleinen Bogen nach links, als ich ihn plötzlich enddeckte.

Art: Ficus albipila, abbey tree (Abteibaum)

Größe: 49.30 m

Umfang: 22.90 m

Alter: Unbekannt

Ort: Thailand, Krabi, Wat Tham Suea -Tiger Cave Temple; Wonderland

Ich trat näher an den Baum heran und erhielt nun auch eine Bestätigung: „BIG TREE“ stand mit Großbuchstaben auf einem kleinen, blauen Schild, direkt vor dem Baum. Ich hatte mein zweites Motiv, den zweitgrößten Baum Thailands, gefunden.

Diesmal hatte ich mir allerdings, inspiriert vom ersten Mal, einen kleinen Ablauf überlegt. Ich legte mein Notizbuch ab und schritt einmal um den Baum herum, um erstmal einen flüchtigen Überblick zu erhalten. Dann suchte ich mir wieder eine Stelle auf einer Wurzel des Baumes und begann, in den Wald und die Umgebung hinein zu lauschen und eine Beziehung zu der Situation hier her zu stellen. Die Moskitos ließen mich diesmal in Ruhe und nach 15 Minuten läutete das hölzerne Klopfen aus meinem Handy den Beginn des nächsten Schrittes, der Motivaufnahmen ein. Verloren in so manches Detail nahm ich über hundert Bilder auf und vermisste dabei trotzdem immer mehr ein Teleobjektiv, um auch die spannenden Bereiche im mittleren und oberen Abschnitt des riesigen Baumes einfangen zu können. Hundert Fotos waren nicht genug!

Die Krone des Baumes war, wie beim vorherigen Big Tree in Ko Yao Noi, nicht besonders beeindruckend und auch der obere Stamm war einfach nur ein langer, gerader Stamm. Das Holz schien hier auch wieder sehr leicht und regelrecht hohl. Interessant war hier aber ebenfalls wieder der untere Stamm und das oberirdische Wurzelwerk. Anders als der Big Tree auf Ko Yao Noi, stand dieser hier aber nicht so extrem breitbeinig und stabil, wie ein Kegel auf dem Boden. Dieser hier hatte sich flexibel ausgebreitet und regelrecht über den Stein und den Waldboden ergossen. Er hatte sich breit gemacht und ausgedehnt. Sich langsam und stetig seinen Platz genommen und so seine Existenz und Stärke begründet und gefestigt.

Durch lautes Gekreische aus dem rückwärtigen Bereich des Waldes wurde ich aus meinen Gedanken geholt. Wieder Affen? Nein, eine Reisegruppe grölender Osteuropäer und Engländer. Ich setzte mich etwas abgesetzt auf einen Ausläufer der breiten Wurzeln und beobachtete die vorbeiziehende Gruppe durch das Dickicht. Warum so viele Menschen das Bedürfnis haben, in die Harmonie eines Waldes hinein zu schreien und ihr eigenes Echo vernehmen zu wollen, anstatt zu lauschen und wahrzunehmen? Keiner aus der Gruppe hatte mich bemerkt und als die Reisegruppe endlich verschwunden war und das Gekreische nachgelassen hatte, wollte ich gerade meine Gedanken aufzeichnen, als ein junges, italienisches Paar auf die kleine Lichtung trat. Andächtig ließen sie den Baum und die Stimmung auf sich wirken und fragten mich anschließend höflich und sogar flüsternd, ob ich nicht ein Foto von den Beiden vor dem riesigen Baum machen könnte. Ich musste grinsen. Was für ein himmelweiter Unterschied zu der Situation, nur wenige Minuten zuvor.

Wie ein kräftiger, stumpfer heißer Schlag traf es mich, als ich die Schwelle der Steintreppe wieder überschritt, um zurück in den Trubel des Tigertempels zu kehren. Die Temperatur schien nochmals angestiegen zu sein und bis auf einen Mann, der ein paar trockene Blätter im Schatten zusammen fegte, waren keine Menschen zu erkennen. Selbst die Affen hatten sich von der Treppe in den Schatten eines Baumes verzogen und waren ganz ruhig und faul geworden. Da ich sehr gerne ein Paar mehr Informationen zu dem Baum, Wonderland und der Sage an sich gehabt hätte, sprach ich den Mann an und fragte ihn, ob er dazu etwas sagen könnte oder zumindest jemanden wüsste, der es könnte. Doch ich bekam nur fragende, leere Augen als Antwort. Ich schaute auf mein Handy. Mobile Daten waren wieder da! Perfekt. Ich diktierte die Frage in meine Übersetzungsapp und zeigte die Übersetzung dem Mann. Dieser schien mein Anliegen verstanden zu haben, jedoch schaute er mich nun mit einem traurigen Kopfschütteln an. Schade.

Auf dem Weg aus dem Tempel nahm die Anzahl der Touristen zwar wieder etwas zu, aber bis auf die Kioskbetreiber war kein vermeintlicher Angehöriger des Tempels auszumachen. „Dann halt kein Interview“, sagte ich zu mir. Mein Kopf war eh voll, ich war durch die Eindrücke und die Hitze plötzlich sehr müde geworden und ein unvermitteltes Magenknurren verriet mir, dass ich mal wieder das Mittagessen vergessen hatte. Also gab ich auf und verließ das glühende, gold-weiße Tempelgelände, um mir eine große Portion Bratreis und einen Mangoshake zu suchen.

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