Die ganze Situation, das Camp und die Wildnis war alles halb so schlimm, wie gekündigt.
Ja, es gab tatsächlich keinen Strom und auch kein warmes Wasser. Doch es GAB Wasser und da es in riesigen Tanks in der Sonne gelagert wurde, war es nicht kalt kalt, sondern einfach nur nicht warm. Gekocht wurde mit Gas. Theoretisch konnte auch mit Gas geheizt werden, denn es gab eine Gastherme und sogar Fotovoltaik. Aber beides war (noch) nicht, oder nicht mehr in Betrieb. Die Fotovoltaik Anlage hatten nämlich Wilderer vor einiger Zeit in die Luft gejagt, da das Camp auch als Unterkunft für Anti-Wilderer diente. Die Waschräume waren allerdings aus meiner Sicht kaum als solche zu bezeichnen. Es ist einfacher zu sagen, was ging: Es gab ein Klo und ein Waschbecken. Aus der Wand kam kaltes Wasser. Das wars. Das Klo spülte nicht, Hygiene war nicht vorhanden. Es fühlt sich für mich an, als würde ich mich in einem dieser Abrisshäuser waschen wollen, in denen ich mir früher immer im Training bei der Polizei wilde Schießereien mit Farbmunition und „böse Buben“ geliefert hatte – bevor die Häuser dann irgendwann selbst dafür zu kaputt waren und endgültig abgerissen wurden.
Doch es war nicht schlimm, Denn ich sah dies mittlerweile alles als eine „Simulation“ an. Eine Vorbereitung und bewusste, “sanfte Gewöhnung” für meine späteren Expeditionen und damit verbundenen potentiell wirklich rudimentären Verhältnissen. Mit diesem Trick ließ sich quasi alles aushalten und ich war wesentlich entspannter. Vielleicht hat sich meine Komfortzone aber auch einfach bereits mächtig erweitert.
Nur mein unterer Rücken hat sich, wie befürchtet, gemeldet. „Das Hohlkreuz war wohl doch zu viel für den Guten“ dachte ich. Da musste ich wohl nochmal was basteln.
Um 06:30 Uhr öffneten wir die Gittertore und wir setzten unsere Stiefel wieder in die morgentliche Wildnis. Wir hatten in der Nacht Löwengebrüll gehört und Dylan war ganz heiß darauf, diese Löwen heute zu finden. Ich war es auch und konnte eine Begegnung mit dem “König” kaum erwarten. Meine Kamera hatte ich, anders als den Tag davor, bereits um den Hals gehängt und an der Vorrichtung meines Rucksacks befestigt. So ganz glücklich war ich aber noch immer nicht. Denn leider wusste man ja nie, wann man im Busch auf ein Tier traf und das Lösen der Kamera aus der Haltevorrichtung war, aufgrund des guten Klettverschlusses, einfach zu laut. Ich versuchte die Schlaufe etwas größer zu stellen, sodass ich den Klettverschluss gar nicht öffnen musste, legte dabei aber einen Großteil des Kletts in der Innenseite frei – wodurch sich nun der Objektivschutz aufribbelte. “Lange wird dieser so nicht durchhalten. Das ist keine gute Lösung”.
Wir schlängelten uns durch das trockene Unterholz, während sich langsam der morgendliche Himmel Rot-Lila-Orange färbte und als die Sonne kurz vor dem finalen Aufgehen war, betraten wir eine beeindruckend offene, gelbe Grasfläche. Vor uns öffnete sich ein unglaublich schöner Blick über ein Tal und auf die aufgehende, nun orange Sonne am Horizont. „Sucht euch einen schönen Platz und genießt den Sonnenaufgang“ rief uns Dylan zu und stellte seinen Rucksack und sein Gewehr an einem trockenen Baum ab, während im Hintergrund ein paar zuvor dösende, Langschläfer-Zebras aufgeschreckt und das Weite suchten.


Ich suchte mir eine Stelle, die nicht so sandig war, um dort meinen Rucksack abzulegen und hockte mich im Schneidersitz, Blick Richtung rotem Sonnenball hin.
„Was war das?“
Ich schaute erschrocken auf meine beige, lange Zipp-Off Hose, welche nun mit lauter roten, sich bewegenden kleinen Punkten gesprenkelt war. „Das sind doch wohl nicht….NEIN!“
Hunderte mini kleine, rote Zecken hatten sich über meine Beine verteilt und waren nun emsig auf der Suche nach einem Zugang zu meiner, scheinbar sehr verlockenden Haut, um sich köstlich an meinem Blut zu laben. Ich sprang auf und versuchte, die fiesen Krabbeltiere von der Hose zu wischen. Keine Chance. Die Biester saßen so fest, die musste ich scheinbar alle einzeln absuchen. „Fuck!“.
Ich schnipste gegen eine besonders stark frequentierte Stelle und siehe da, fast alle kleinen Zecken flogen in einem großen Bogen von der Hose. Immerhin! Also war ich die nächsten zwanzig Minuten damit beschäftigt, sämtliche Zecken in unterschiedlichster Größe von meiner Hose und den Schuhen zu schnippen, fand aber immer wieder neue „Nester“ auf meiner Hose – und verpasste so den Sonnenaufgang. „Wenn ich heute Abend keine Zecke habe, dass ist das ein Wunder“ Grummel ich in mich hinein und sah mich vor meinem inneren Auge schon an dem hier verbreiteten „Zeckenfieber“ dahinsiechen. Ich versuchte mich zu erinnern, wann ich jemals zuvor auf so eine große Masse von Zecken gestoßen war… Noch nie! Ekelhaft.
Endlich hatte ich es geschafft und vermeintlich alle Zecken entfernt, als es auch schon weiter durch das hohe, trockene Gras ging. Ich war immer noch paranoid und überprüfe ständig meine Hose, um tatsächlich immer wieder neue kleine rote Nester auf meiner Hose zu finden. Zuerst war ich super glücklich, dass ich, im Gegensatz zu den Anderen, eine lange Hose trug, denn die Biester schienen hier überall in den Gräsern zu sitzen und regelrechte Kolonien angelegt zu haben. Dann fiel mir aber auf, dass kein Anderer diese Probleme hatte, aber die Beine der Anderen auffällig stark glänzten. Sie haben sich, wie ich auch, gut gegen Zecken und Mücken eingesprüht. Nur meine Hose hatte ich nicht eingesprüht! Kann es sein, dass das Material der Hose die Tiere anzieht? Ich schnipste die letzte Zecke von meiner Hose, kramte mein Insektenspray aus Thailand aus der Tasche und leere fast die Hälfte auf meine Hose und meine Schuhe. Ein süßlicher, Babypuder ähnlicher Duft umschmeichelte nun meine Nase, doch es schien wirklich zu funktionieren. Keine einzige Zecke fand nun noch ihren Weg auf meine Hose. Hatte ich wieder etwas gelernt!
Dagger Boy
Gegen 08:15 Uhr erreichten wir wieder eine Hügelspitze, scannten mit unseren Ferngläsern die unter uns liegende Baum- und Buschlandschaft nach einem der Big Five ab und entdeckten auf einem Hügel in ca. 400 Metern Entfernung etwas großes Schwarzes: Einen Büffelbullen, ein „Dagger Boy“!
„Oben, auf den Hügeln ist es nachts wärmer und tagsüber kühler, darum halten sich dort gerne die großen Tiere auf“, erklärte uns Dylan, während wir uns etwas mehr dem Dagger Boy annäherten.
„Eine gute Zeit, sich den Tieren anzunähern, ist morgens. Nicht nur sind sie meistens sehr aktiv, auch ist es oft windstill. Erst wenn die Sonne voll da ist, erhitzen sich die Untergründe. Da jeder Untergrund unterschiedlich schnell warm wird, entstehen so Landwinde, die die Tiere dann die Witterung von uns aufnehmen lassen würden, wenn wir uns mit dem Wind annähern. Daher, immer gegen den Wind annähern, oder wenn es windstill ist“ führte Dylan weiter aus.
Ten Of Ten
“White Rhino oder Black Rhino?” fragte Dylan und deutete auf eine frische Nashornspur im Sandboden. Er legte seine gespreizte Hand über einen einzelnen Abdruck und erklärte: „White Rhino. White Rhinos sind viel größer als Black Rhinos. Würde meine Handfläche in etwa die Größe des Abdruckes abbilden, wäre es ein Black Rhino. Dieser Abdruck ist um einiges größer als meine Hand! Und es ist ein Bulle“. Dylan deutete auf die bekannten Schleifspuren im Sand, neben den Fußabdrücken.
Wir folgten Dylan weiter auf dem schmalen Trampelpfad, zwischen grünen und stacheligen Sträuchern hindurch, bis wir gegen 09:30 Uhr unvermittelt ein Knacken in ca. 60 Meter Entfernung vernahmen. Dylan formte die Hand zu einer Faust und hielt sie sich vor den Mund, das Zeichen für „White Rhino“. Wir blieben stehen und spähten in die Büsche. Nichts. Dylan ließ uns vor Ort verharren und schlich selbst einige Meter nach vorne, drehte sich behutsam zu uns um und winkte uns langsam zu sich her.
In ca. 40 Meter Entfernung konnten wir nun drei riesige Breitmaulnashörner zwischen den Büschen erkennen. „A crash of White Rhinos“ flüstert uns Dylan zu und gab uns per Handzeichen zu erkennen, dass wir dies so in unserem Logbuch vermerken sollen.
Plötzlich drehte der Wind, die Nashörner vernahmen unvermittelt unsere Anwesenheit wahr und flüchteten, unter lautem Knacken und Krachen der Büsche und Bäume, tief ins Unterholz.
„Die erste Begegnung gestern war ein „Ten Of Ten Encounter“, eine „zehn von zehn“ klassifizierte Begegnung. Dies bedeutet, dass die Spuren eines Tieres aufgenommen wurden, das Tier gefunden wurde, eine gute Beobachtung aus nicht allzu weiter Entfernung stattfinden konnte und dann das Tier wieder alleine gelassen wurde – ohne dass es überhaupt Kenntnis von dieser Begegnung erhielt. “Diese Begegnung hier war nicht so gut“ erklärte uns Dylan. „Wir wollen nicht, dass die Tiere panisch vor uns flüchten. So können auch gefährliche Situationen entstehen.
Achtet auch immer darauf, dass es genügend Fluchtmöglichkeiten gibt. Für euch UND für das Tier. Nähert ihr euch beispielsweise einem Tier von einer Seite und auf der anderen Seite gibt es nur eine Schlucht oder ein ähnliches Hindernis, dann kann es sein, dass die einzige Fluchtmöglichkeit für das Tier der Pfad ist, auf dem ihr gerade steht. Dann kann dies zu dem Eindruck eines Angriffes führen, woraufhin ihr euch vielleicht genötigt seht, das Tier in vermeintlicher Notwehr zu erschießen. Dabei wollte es eigentlich nur flüchten. Also immer für beide Seiten mitdenken“ mahnte Dylan eindringlich.
„Wie vermeidet ihr überraschende und somit gefährliche Situationen an unübersichtlichen Stellen, beispielsweise auf einem Pfad im Schilf?“ Fragte Dylan, als sich die Umgebung langsam in eine Sumpf-Schilflandschaft verwandelte. „Am besten werft ihr einfach einen Stein oder einen Lehmbrocken in das Schilf und seid, ausnahmsweise, etwas lauter. So kann jedes Tier im Schilf frühzeitig von euch Kenntnis bekommen und flüchten, ohne von euch überrascht zu werden und zu einem Angriff genötigt zu fühlen“ erklärt und Dylan und fügte erklärend hinzu „im Schilf selbst könnt ihr eh nichts sehen“.
Gegen 11:30 Uhr hatten wir dann unsere dritte Nashornbegegnung an diesem Tag. Ein „Rhino Crash“ von vier Tiere durchstreifte, keine vierzig Meter von uns entfernt, das dichte Schilf, blieben aber dieses Mal von uns ungestört. „Ten of Ten“!
Wir hatten einen richtigen Lauf. Die meiste Zeit allerdings sah ich nur den Po der Tiere und oft waren jede Menge Zweige zwischen mir, der Kamera und dem Tier, sodass ich selbst mit meinem Teleobjektiv keine wirklich tollen Fotos schießen konnte. Die Erlebnisse an sich waren dagegen großartig. Aber langsam dämmerte mir: Für meine Motive musste ich erstens näher ran und mich zweitens von vorne annähern. Dies erforderte natürlich noch mehr Ruhe, Tarnung, gute Windverhältnisse, aber besonders eine wesentlich kleinere Gruppe. Nein, es erfordert gar keine Gruppe. Mir wurde klar, dass für mich in diesem Kontext hier kaum ein gutes Foto zu schießen war. Für meine Motive würde ich nochmals in den Busch gehen müssen. Allein und maximal in Begleitung eines einzelnen Gewehrträgers.
Doch das war Zukunftsmusik. Nun war ich erstmal hier. Es war wunderbar und ich setzte die ganze Unternehmung einfach wieder in einen Trainingskontext: Lernen, sich im Busch zu bewegen, lernen, zuverlässig und zügig mit der (Foto-) Ausrüstung umzugehen, Schwachstellen feststellen und vor allem die Komfortzone immer weiter vergrößern.
Kalte Füße
Es war langsam wieder richtig warm geworden und wir waren auf dem Weg zu einem großen Fluss, um dort unsere Mittagspause zu verbringen. „Immer wenn ihr in Richtung Wasser geht, müsst ihr vermehrt damit rechnen, dass euch Tiere auf dem Trampelpfad entgegenkommen“, belehrte uns gerade Dylan, als plötzlich, wie gescriptet, zwei Impalas auf dem Tierpfad auf uns zu gesprintet kamen. Die Tiere sind grundsätzlich sehr harmlos, schreckhaft und mit dem in Deutschland heimischen Rehwild vergleichbar. Wenn sie sich in Gefahr wähnen, dann sind sie allerdings wahre Sprungmeister so kam es, dass die beiden nahezu waagerecht an uns vorbei “flogen“, bevor sie, sich laut “beschwerend”, im Unterholz verschwanden.
Um kurz vor 12:00 Uhr erreichten wir dann endlich das kühlende Wasser. Die Böschung war voller Tierspuren jeglicher Art, nur die Tiere selbst sahen wir hier nicht. Das Flussbett war riesig, das Wasser aber glich eher einem Rinnsal. Zur Regenzeit muss es hier beeindruckend sein!
Es war mittlerweile wieder an die 30°C Grad warm geworden und als wir das Wasser erreichten und die Situation sicher war, rissen wir uns die Stiefel von den Füßen und ließen unsere aufgeheizten Füße genüsslich in das klare, kalte Wasser des Flusses gleiten. Herrlich! Der Fluss trug so wenig Wasser und war so flach, dass wir uns keine Gedanken um Nilpferde oder große Krokodile machen mussten und uns voll auf die Erfrischung in monumentaler Kulisse einlassen konnten. Nach der Abkühlung suchte ich mir einen Platz unter einem Baum, klopfe mit einem Stock etwas auf das trockene Gras, um allem möglichen Tierchen die Gelegenheit zu geben, sich einen neuen Platz zu suchen und ließ mich dann erschöpft in den Schatten nieder.
Nach knapp zwei Stunden „Powernap“ wollte ich mir gegen 14:00 Uhr gerade wieder die Stiefel anziehen, als mir Chops mitteilte, dass es nun barfuß im Flusslauf weiter ging. „Hab ich nichts gegen“, dachte ich, schnüre meine Stiefel zusammen und band sie an meine obere Rucksackschlaufe fest. Doch der verheißungsvoll erfrischende Weg im Fluss war weniger entspannend als gedacht. Der Sandboden war sehr weich und teilweise sehr schlammig, fast wie der Schlick der deutschen Nordsee. Das Wasser kühlt zwar, aber die Fortbewegung war umso anstrengender. Ich war daher nicht der Einzige, der sich gegen 15:25 Uhr motiviert dem angekündigten Ausstieg näherte, als uns Dylan einen Strich durch die Rechnung machte! „Vor uns, gut 500 Meter entfernt, liegt ein weiterer Dagger Boy im Wasser und schlummert“ flüstert Dylan und deutete uns an, die Rucksäcke auf einer Sandbank abzulegen und ihm leise an der Uferkante zu folgen. Im Schatten des knapp drei Meter hohen Schilfes näherten wir uns nun dem Dagger Boy und versuchten, so wenig Krach wie möglich zu machen. Gar nicht so einfach in einem fließenden Fluss.
Um 15:37 Uhr waren wir auf gute 150 Meter an den Büffel rangekommen. Nun gibt es keine Möglichkeit mehr sich zu verstecken. Sollte sich der Dagger Boy nun also spontan zu uns wenden, würde er uns definitiv erkennen und von uns bedroht fühlen. Also brachen wir ab. „Das gilt aber“, sagte Dylan und meint damit die Zählung als „Encounter“, einer Begegnung für das Logbuch. Auf dem Rückweg zum Camp stießen wir wieder auf jede Menge Spuren und Dylan hatte zu fast jeder Spur etwas zu sagen. Dieser Mann war wirklich ein wandelndes Lexikon!
„Was sind das für Affenspuren“ fragte er beispielsweise und deutet auf vertraut wirkende, kleine fünfgliedrige Abdrücke im Sand vor uns. „Baboon“, „Vervet Monkey“ riefen die Studenten ihm entgegen. „Nicht raten! Wissen“ mahnt Dylan und erklärte: “Baboons haben ein „B“ in der Fußsohle. Velvet Monkeys ein „V“. “
„Nicht sein Ernst“ dachte ich und begutachte die Spur ebenfalls genauer. Tatsächlich! Mit etwas Phantasie konnte ich ein“ B“ im Ballenbereich erkennen.
„Lustig“!
Gegen 16:30 Uhr befanden wir uns wieder in einem, nun ausgetrocknetem Bachlauf und waren umgeben von meterhohem Schilf. Dylan war mal wieder vorgegangen, um die schwer einsehbare Kurve vor uns sicher zu machen und wollte uns gerade, mit einer bestimmten Tonfolge, zu sich pfeifen, da zog eine starke Windböe an uns vorbei und produzierte ein unvermitteltes Krachen und toben im Schilf vor Dylan. Genau genommen war es nicht die Windböe direkt, die das Toben auslöst, sondern eine Herde von ca. fünzig Büffeln, eine so genannte „Breeding Herd“, die regelrecht „Wind“ von uns“ bekommen hatte und nun, vierzig Meter vor uns, um ihr vermeintliches Leben rannte. Schade. Hören konnte man viel, nur zu sehen war kaum was. „Zählt trotzdem“ sagte Dylan grinsend. Damit waren sind wir bereits bei sechs, bzw. mit gestern Nachmittag, sieben Begegnungen. Nicht schlecht für zwei Tage!
Einer der Studenten zeigte plötzlich nach oben zu drei sehr großen Vögeln. „Das sind doch Geier, richtig?“ fragt er. „Ja genau“, entgegnete Dylan und setzte sein Fernglas an, um die korrekte Art zu bestimmen. „Heißt das, dass hier Aas im Schilf liegt?“ fragte der Student weiter. „Nein. Wenn die Geier Aas gefunden haben, dann fangen sie an zu kreisen und schrauben sich wie ein Korkenzieher nach unten. Diese hier halten einfach nur Ausschau“ entgegnete Dylan und setzte nach einer kurzen Pause wieder an: „Wisst ihr eigentlich, dass Geier auch von Menschen gejagt werden?“
Wir schüttelten ungläubig die Köpfe.
„Warum?! Da ist doch nichts dran“!
„Aberglaube!“ entgegnet Dylan.
„Es gibt Menschen, die glauben daran, dass die Geier Kontakt zum Totenreich aufnehmen können. Vor allem aber glauben einige, dass sie in die Zukunft blicken können. Weil sie ja „wissen“ müssen, wann etwas stirbt. Daher werden die Geier nun mit vergiftetem Aas getötet um dann aus ihren Knoche Talismane zu basteln. Dank der Talismane erhöht sich dann vermeintlich die Chance beim Lottospielen“.
„Das müsste ja aber recht schnell als Mythos erkannt werden“ entgegen ich etwas skeptisch.
„Es ist eben ein Mythos“ antwortet Dylan.
„Scheiß Menschen“ dachte ich. Vor allem wenn man bedenkt, dass Geier pro Jahr nur ein einziges Küken großziehen.
Alles war lila-rot, als wir gegen 17:30 Uhr wieder durch das Tor in unser „Gehege“ eintraten. „Nicht schlecht“ dachte ich, als ich auf meine Uhr schaute, mit der ich die heutige Strecke mitgetrackt hatte. Wir waren tatsächlich knapp 11 Stunden unterwegs, hatten aber nur um die 13,5 Kilometer hinter uns gebracht.
Ich fischte den Rooibos Teebeutel aus dem Blechbecher, warf ihn in die lodernden Flammen und lauschte dem Zischen, provoziert von den beiden gegensätzlichen Elementen des Feuers und des Wassers. Mit vollem Bauch, vollem Kopf und vollem Herzen starrte ich müde in die Flammen des Lagerfeuers und ließ die ganzen Begegnungen nochmal vor meinem inneren Auge Revue passieren.
“Was für ein großartiger Tag!”